Freddy Litten

(Frederick S. Litten)

Arthur Korn ‒ Kurzbiographie

Die folgende Kurzbiographie wurde ursprünglich 1993 für den zweiten Band des "Professorenkatalogs" der Ludwig-Maximilians-Universität München verfaßt und 2000 auf den damals neuesten Stand gebracht. Da jedoch das Erscheinen dieses Bandes immer noch nicht absehbar ist, wird sie hiermit in seitdem unveränderter Form im Internet präsentiert, um vielleicht doch noch von Nutzen zu sein.
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Korn, Arthur, * 20. 5. 1870 Breslau, † 21. 12. 1945 Jersey City (New Jersey, USA). (ohne Bekenntnis, später ev.?) ⚭ 23. 6. 1904 Meta Werner, geb. Korn, * 7. 4. 1866 Breslau, † 1920, ⚭ Elisabeth Friedländer.
V Moritz, Ophthalmologe; M Malwine Schottlaender, † 18. 4. 1874.

1886 absolvierte K. das Friedrichswerdersche Gymnasium in Berlin und nahm das Studium der Mathematik und Physik an den Univ. Freiburg/Breisgau (bei Emil Warburg) und später Leipzig (Schüler von Gustav Wiedemann und Carl Neumann) auf. An letzterer promovierte er 1890, danach setzte er seine Studien in Paris (bei Henri Poincaré), London, Berlin, Würzburg und schließlich an der Univ. München fort, wo er sich am 30. 7. 1895 für Physik habilitierte. Am 14. 8. 1895 wurde K. Priv.-Doz., am 18. 7. 1903 erhielt er Titel und Rang eines ao. Prof.s an der Univ. München. Nach Unzufriedenheit mit der Phil. Fak. II. Sektion im Zusammenhang mit der Besetzung des Lehrstuhls für theoretische Physik 1906 stellte er im November 1906 ein Enthebungsgesuch, das am 8. 2. 1908 schließlich positiv verabschiedet wurde. K. ging darauf nach Berlin, wo er am 24. 5. 1914 zum Honorarprof. an der Abteilung für Allgemeine Wissenschaften an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg ernannt wurde. Nachdem er 1909 seinen Abschied als Oberleutnant in der bayerischen Armee genommen hatte, war er von August 1914 bis zu seiner krankheitsbedingten Entlassung im Mai 1915 als Hauptmann aktiv, unter anderem als Batterieführer im Elsaß. Im Mai 1933 wurde K. von seiner Stellung als Prof. an der Technischen Hochschule Berlin beurlaubt, 1935 entlassen. Nach langen Bemühungen gelang ihm 1939 die Auswanderung mit seiner Familie in die USA, wo er im selben Jahr Prof. für Mathematik und Physik am Stevens Institute of Technology in Hoboken (New Jersey) wurde. 1945 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Auszeichnungen erhielt K. vor allem 1907: das Ritterkreuz des Ordens der französischen Ehrenlegion, den Königlich Preußischen Roter-Adler-Orden IV. Klasse und den Prix Vaillant der Französischen Akad. der Wissenschaften. 1930 wurde er von der Technischen Hochschule Breslau zum Dr.-Ing. E.h. ernannt.

Der erste Schwerpunkt der Arbeiten K.s begann mit seiner Diss. "Über die Anwendbarkeit kombinatorischer Methoden ...". Hierbei handelte es sich um die Theorie des Potentials, der Elastizität, sowie daraus folgende mathematische Probleme, besonders Integralgleichungen. Im zweiten Schwerpunkt, den auch die Habil. "Über die Bewegung kontinuierlicher Massensysteme" betraf, versuchte K. eine mechanisch/hydrodynamische Theorie der Gravitation aufzustellen. Als besonders erfolgreich erwies sich indes der dritte Schwerpunkt: die Ferntelegrafie. 1902 gelang K. die erste Bildübertragung mittels lichtelektrischer Abtastung, 1904 erstmals die Übertragung eines Fotos über die telefonische Schleifenleitung München-Nürnberg-München. 1907 schlossen sich erste Fernübertragungen bis nach London an, wobei K.s Geräte nun auch von Zeitungen und Zeitschriften benutzt wurden. Unter Verwendung neuer Techniken (Röhren) gelang K. 1922 die erste drahtlose transatlantische Bildübertragung von Italien nach den USA. Ab 1926 entstanden in Zusammenarbeit mit der Lorenz AG weitere Verbesserungen, so daß das Lorenz-Korn-System von der preußischen Polizei übernommen wurde. Militärische Anwendungen, vor allem die Übertragung von und an Flugzeuge betreffend, folgten.

Q UAM, E-II-N Arthur Korn, OC-N 14 Arthur Korn; BayHStAM, Kriegsarchiv, OP 11285; Berlin Document Center, REM-Karte Arthur Korn.

W Über die Anwendbarkeit kombinatorischer Methoden zur Reduktion von Problemen der Hydrodynamik, Elektrodynamik und der magnetischen Induktion, Diss. Univ. Leipzig 1890 (gedruckt: Berlin 1890); Eine Theorie der Gravitation und der elektrischen Erscheinungen auf Grundlage der Hydrodynamik, Berlin 1892-1894; Über die Bewegung kontinuierlicher Massensysteme, Habil. Univ. München 1895 (gedruckt: Berlin 1895); Lehrbuch der Potentialtheorie, 2 Bände, Berlin 1899-1901; Elektrische Fernphotographie und Ähnliches, Leipzig 1904; Handbuch der Phototelegraphie und Telautographie, mit Bruno Glatzel, Leipzig 1911; Bildtelegraphie, Leipzig 1923; Bildrundfunk, mit Eugen Nesper, Berlin 1926; Elektrisches Fernsehen, Berlin 1930.

L DBA; DBA N.F.; Poggendorff, Bde. IV, V, VI, VIIa (W); A. Neuburger, Erfinder und Erfindungen, Berlin 1913, 141-142; E. Korn, A. K., der Erfinder der elektrischen Fernphotographie, Radio-Umschau 4 (1927), 21-24 (P); El Profesor Arturo K., Revista Matemática Hispano-Americana, Serie 2, Bd. 3 (1928), 233-245 (W, P); A. Neuburger, A. K. und die Bildtelegraphie, Fernsehen 1 (1930), 241-244 (P); O. E. Dunlap, Radio's 100 Men Of Science, New York 1944, 155-156; M. Pinl, Kollegen in einer dunklen Zeit, Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 71 (1969), 167-228, hier 182-183 (W); D. M. Costigan, Fax - The Principles and Practice of Facsimile Communications, Philadelphia 1971, 3; S. v. Weiher, A. K., NDB 12 (1980), 588; F. Schröter, A. K., in: S. v. Weiher (Hg.), Männer der Funktechnik, Berlin 1983, 98-100 (P); Biographisches Handbuch der deutschprachigen Emigration, Bd. 2, Teil 1, München 1983, 650; F. Litten, Die Korn-Röntgen-Affäre, Kultur & Technik 17 (1993), Heft 4, 42-49 (P); J. Brüning, D. Ferus, R. Siegmund-Schultze, Terror and Exile. Persecution and Expulsion of Mathematicians from Berlin between 1933 and 1945, o.O. 1998, 36-37 (P).

© Freddy Litten
13.7.2023